Erfahrungsbericht

Auszug aus dem Erfahrungsbericht von Angelika Kutschbach, Bremen-Seehausen vom September 2011.

 

 „Das Leben in der Nähe von Windkraft-Riesen“

In Bremen Niedervieland wurden 2011 vier 42m hohe Windkraftanlagen abgebaut und durch eine ca. 140 m hohe Anlage (Abstand zur Wohnbebauung 450-600 m) und drei weitere 150 m hohe (Abstand ca. 600-900 m) ersetzt. Darauf beziehen sich die folgenden Textpassagen. Einige Sätze wurden gekürzt. Der Sinn der Aussagen wurde nicht verändert.

 

Viele der als Windkraftgegner etikettierten Bürger sind nicht gegen Windkraft an sich, sondern wehren sich gegen die inhumane Aufstellungspraxis.

Windräder erzeugen rhythmische Geräusche; je höher die Rotordrehzahl, desto lauter und störender sind diese Geräusche.

Dadurch, dass inzwischen vier sehr hohe Anlagen in unserem nahen Wohnumfeld stehen, ist die Belastung erheblich gestiegen.

Die Bürger wurden damit beruhigt, dass alle Gesetze eingehalten und die Immission sich im Rahmen des Zumutbaren bewegen würde. Als betroffener Bürger fragt man sich nun, was die Politik unter „zumutbar“ versteht. Keiner derjenigen, die den Bau dieser Anlagen befürwortete, kann aus eigener Erfahrung über das Wohnen in der Nähe eines solch großen Windrades urteilen.

Seit Inbetriebnahme (…) sind wir auf unseren Grundstücken und in (!) unseren Häusern mit dem dumpfen, rhythmischen Geräusch, das der Flügelschlag erzeugt, konfrontiert.

Es gibt Phasen, in denen man tage- oder sogar wochenlang unter Dauerbeschallung steht. Um es auf den Punkt zu bringen: Diese Art von Geräuschkulisse kommt einer Lärmfolter gleich.

Unsere (zeitweilige) Entlastung hängt von Faktoren ab, die wir nicht selbst bestimmen können. Weht der Wind beständig, was von den Betreibern in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit (…) sicher gewünscht ist, laufen die Anlagen auch ständig und konfrontieren uns mit dem krankmachenden Lärm.

Das Geräusch wird abends, nachts und an Wochenenden und Feiertagen, wenn es sonst vergleichs-weise ruhig ist, stärker wahrgenommen.

Wichtig ist zu erwähnen, dass die Flügelschlaggeräusche der Anlagen, die am weitesten entfernt sind, nämlich ca. 900 m, ebenso (wenn auch etwas leiser) zu hören sind, wie die im Abstand von 400 m aufgestellten.

Selbst starker Wind und Blätterrauschen übertönt das Flügelschlaggeräusch in der Regel nicht.

Die rhythmischen Geräusche, die die einzelnen Anlagen erzeugen, vermengen sich nicht zu einem gleichmäßigen Rauschen.

Das Geräusch „gräbt“ sich schnell ins Gehirn. Es stört den Schlaf. Nervöse Reizbarkeit und innere Unruhe sind die Folge.

Zuzeiten ist der Flügelschlag nicht nur hör-, sondern auch fühlbar. Der Schall drückt dann regelrecht auf die Ohren, (…) erzeugt dadurch Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Übelkeit. Auslöser ist offenbar der tieffrequente Schall, den die Windräder erzeugen. Dieser wiederum findet – ebenso wie die Tatsache, dass das Geräusch rhythmisch auftritt – in der TA Lärm, die die Grundlage für die von der Politik genannten gesetzlichen Vorgaben bildet, keine ausreichende Berücksichtigung.

Der Schattenschlag erfasst dann für eine gute halbe Stunde die gesamte Wohnung, Schatten und Licht wechseln ständig. Das Flimmern lässt den Eindruck entstehen, man leide an Sehstörungen.

Schließlich soll noch das nächtliche „Blinkfeuer“ erwähnt werden, das viele Anwohner stört, deren Wohnräume den Anlagen zugewandt sind.

Die massiven Probleme gibt es, seitdem die neuen Windriesen (140-150 m) in der Nähe von 400 – 900 m von der Wohnbebauung aufgestellt wurden.

Das Hauptproblem, das durch die nahe gelegenen WKA auftritt und gegen das man sich nicht schützen kann, ist die Schallimmission.

Wenn Politik und Wirtschaft in der Bevölkerung eine breite Akzeptanz für Windenergie schaffen möchten, müssen doch zumindest humane Abstände zur Wohnbebauung eingehalten werden.

Human bedeutet nach derzeitigem Kenntnisstand (…) mindestens das Zehnfache der Gesamthöhe einer WKA.

 

SMH, 8. Oktober 2013